Wissen über Aikido


Ai - Harmonie

Ki - Lebensenergie

Do - Weg

Aikido könnte damit übersetzt werden als "Weg zur Harmonisierung der Lebensenergie" oder auch "Methode, um in Einklang mit der Urkraft (Natur) zu kommen".

Aikido in Augsburg

Unsere Aikido-Abteilung ist Mitglied in der 3A Deutschland, der Académie Autonome d'Aikido. Dies ist ein internationaler Zusammenschluss von Aikidoka, die in der Tradition von Morihei Ueshiba und Hirokazu Kobayashi trainieren. Heute wird dieser Stil des "aufrechten" Aikido in Europa u.a. von André Cognard und Walter Oelschläger gelehrt. Das Dojo in Augsburg leitet Heiko Kieser & Patrick Hannawald.

Effektive Kampfkunst

Ein Ziel der japanischen Kampfkunst Aikido ist, Angriffe möglichst effektiv abzuwehren. Dabei wird die Energie des Angreifers kontrolliert, umgelenkt und neutralisiert. Zu den Techniken zählen Hebel-, Halte- und Wurftechniken, die anfangs langsam, mit zunehmendem Gefühl für die verschiedenen Bewegungen immer dynamischer ausgeführt werden. Steht der Aspekt der Selbstverteidigung auch nicht im Vordergrund der Lehre, so lassen sich die Techniken ab einem gewissen Niveau doch sehr effektiv zur Abwehr von Angriffen einsetzen.

Neben den waffenlosen Techniken umfasst Aikido auch die Anwendung von Schwert, Stab und Messer. Oberstes Gebot ist die Vermeidung von Verletzungen. Das gemeinsame Üben dient nämlich in erster Instanz nicht der Vorbereitung auf einen Kampf, sondern dazu, sich selbst zu entwickeln und seine inneren Kämpfe zu beenden.

Wohlbefinden

Darüber hinaus bietet Aikido auch eine Reihe gesundheitlicher Aspekte. Das regelmäßige Training fördert die Beweglichkeit und die aufrechte Haltung. Die Dynamik der Bewegungen lassen uns unsere Körperachsen sowie Bewegungsfreiheiten erkennen. Durch Meditation lernen wir, uns in unserem Körper zu (kon)zentrieren. Dabei können Blockaden, Verspannungen und Fehlhaltungen gelöst werden. Mit zunehmender körperlicher (Selbst-)Erfahrung lernen wir, unsere eigenen Stärken, aber auch die Schwächen besser zu erkennen und im positiven Sinn zu entwickeln.

Mit der Praxis entwickelt sich zugleich auch die geistige Einstellung des Übenden. So ist das Miteinander im Aikido sehr wichtig. Es gibt keine Wettkämpfe oder Meisterschaften, jeder übt mit jedem, der Anfänger mit dem Fortgeschrittenen, der Ältere mit dem Jüngeren. Jeder greift an und wird angegriffen, immer im Wechsel. So gibt es keine Sieger, keinen Verlierer. Mit der richtigen Einstellung gewinnen alle.


"Das Ziel des Weges der Kampfkunst ist die Freundschaft."
Morihei Ueshiba



Wurzeln

Der japanische Budo-Meister Morihei Ueshiba (14.12.1883 - 26.04.1969) widmete sein gesamtes Leben dem Studium und der Praxis verschiedener japanischer Kampfkünste, in denen er unterschiedlich hohe Dan-Grade erwarb. Als Synthese aus den effektivsten und natürlichsten Techniken begründete er 1925 die neue Budodisziplin Aiki-Bujutsu. Ihr liegt die Erkenntnis zugrunde, dass jede Kampfkunst nur dann wertvoll und unbesiegbar sein kann, wenn sie vom göttlichen Geist der Liebe und Verantwortung gegenüber allen Lebewesen durchdrungen ist. Ab 1932 verwendete er für seine Kunst den Begriff Aiki-Budo, 1942 schließlich entstand der Name Aikido.

Hirokazu Kobayashi Sensei (8. Dan, 14.02.1929 - 28.08.1998), einer der letzten Schüler Ueshibas, entwickelte Aikido in einem differenzierten Stil weiter und übermittelte sein Wissen und seine Erfahrung an seine Schüler in Europa. Zentrale Elemente dabei sind
  • die Gleichwertigkeit der waffenlosen Techniken und der Waffentechniken mit Stab und Schwert,
  • die äußerst kurzen, rein auf die Kontrolle des Zentrums ausgerichteten Bewegungen ohne Blocks
  • sowie die klar an der japanischen Tradition orientierte Etikette.

Prinzipien des Aikido


Kobayashi-Aikido in Augsburg

1994 startete Heiko Kieser mit dem Kursangebot Aikido an der vhs Augsburg. Aus dem Wunsch der Kursteilnehmer, sich in einem Verein zu organisieren, entstand der Kontakt zum Post SV, und so wurde die Abteilung Judo um das Aikido-Training erweitert. 2019 wechselte das Aikido-Training organisatorisch zum Judo-Club Augsburg. Dieses wird von Patrick Hannawald geleitet.

Zusätzlich zu den beiden Haupttrainings (dienstags/donnerstags) existiert ein Waffen-Training (donnerstags) sowie regelmäßige vhs-Anfängerkurse.


Häufige Fragen (FAQ)

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Allgemein
Was ist Aikido?
Aikido ist eine japanische Kampfkunst, die bei einem Angriff und somit beim Zusammenfließen mit der Kraft des Angreifers (Ai) die körpereigene Kraft (Ki) durch ausgefeilten Techniken optimal einsetzt und den Angreifer ressourcenschonend mit Gegenangriffen in Form von Atemis (gezielte Schläge), Hebel und Würfe kontrolliert. Umfließendes, gekonntes Ausweichen der Angriffe und seitliches Eintreten in den Angreifer wird dem frontalen Blocken des Angriffs bevorzugt. Generell zählt Aikido eher zu den sanften Kampfkünsten, v.a. weil der Unterrichtstil eher auf Kooperation und Selbstverantwortung basiert. Je nach Stilrichtung ist Sportlichkeit, Effektivität, Gesundheitsaspekt, Meditation und japanische Etikette in unterschiedlichen Maßen enthalten. Partnerübungen mit Vollkontakt sowie Rollen und Fallen sind typische Bestandteile eines Aikido-Trainings. Einige Stilrichtungen unterrichten eine besondere, nicht-blockende Form des Stab- und Schwertkampfes.
Ist Aikido schwer zu erlernen?
Das kommt auf die Ansprüche an. Die ersten Techniken sowie die Fallschule wird man schnell erlernen. Möchte man ein tiefes Verständnis für Aikido erreichen, ist über Jahre ein intensives Studium erforderlich. Es ist vergleichbar mit dem Erlernen eines Musikinstruments: Die ersten Töne sowie einfache Musikstücke wird man schnell erlernen. Möchte man Hingegen vor großem Publikum gekonnt spielen, ist ein intensives Üben nötig. Letztlich fängt man am besten einfach mal an und wird dann sehen, wie begeistert man die Kampfkunst verfolgen möchte.
Wie lange braucht man, um Aikido zu lernen?
Nach einem halben Jahr, wird man den ersten Überblick bekommen.
Nach ca. 3 Jahren wird man gute Grundkenntnisse erlangt haben.
Nach ca. 5-10 Jahre erreicht man meist den 1. Dan (ersten schwarzen Gürtel).
Nach weiteren Jahren wird man zunehmend an Erfahrung gewinnen. Lockerheit und Gelassenheit kehren in die Techniken ein.
Was benötige ich fürs Aikido?
Für Aikido bedarf es vergleichsweise wenig Ausrüstung:
- Zu Beginn reicht ein Sportanzug, ggf. Socken (trainiert wird ohne Schuhe)
- Beim ernsthaften Betreiben wird man sich einen Aikido-Anzug (Dogi) kaufen. Ebenso: Stab (Jo) und Holzschwert (Bokken) sowie ein Holzmesser (Tanto), ggf. eine Waffentasche.
- Mit höherer Graduierung, meist dem schwarzen Gürtel, kommt dann ein Hakama hinzu (Hosenrock).
Anfangskosten für die Dogi + Holzwaffen liegen in Summe bei rund 100 Euro.
Ist Aikido ein teurer Sport? Wie hoch sind die Kosten im Aikido?
Aikido kann man auch heutzutage noch sehr gut im Verein erlernen. Niedrige Kosten sind daher nicht zwingend ein Merkmal für einen Qualitätsmangel, da Aikido in einer Zeit groß geworden ist, in der viele Sportarten noch über Vereine unterrichtet wurden. Damit halten sich die wiederkehrenden Kosten im Rahmen. Für die Grundausstattung kann man mit ca. 100 Euro rechnen, später nochmals für den Hakama ca. 100 Euro. Graduierungen (Gürtel) bleiben auch im überschaubaren Rahmen. Die Ausgaben halten sich in Summe also sehr in Grenzen.
Möchte man überregionale Lehrgänge besuchen, sind auch hier die Kosten im Vergleich zu modernen Sportarten mit hohen Popularitätsgrad sehr moderat. Die Anfahrt wird das teuerste sein.
Wo kann man Aikido überall machen?
Eigentlich überall, Vereine sind gut verteilt. In größeren Städten hat man sogar oft eine Auswahl an mehreren Trainern. Am bestem geht man dort hin, wo man sich am wohlsten fühlt - dann trainiert man auch gerne und kommt voran.
Was ist der Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport?
Im Sport gibt es Wettkämpfe und Regeln, damit man sich möglichst nicht verletzt. In der Kampfkunst ist alles erlaubt, aber es gibt zur Sicherheit keine Wettkämpfe, da sonst das Gewinnenwollen zu starke Risiken in sich tragen würde. Zudem betrachtet eine Kampfkunst auch Bewegungen, die vielleicht in der Realität nicht sinnhaft sind oder sehr selten zu Stande kommen, um die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Körpers zu trainieren. Aikido ist in den meisten Stilen eine Kampfkunst. Nur wenige Stile, wie z.B. Tomiki-Aikido, betreiben es als Wettkampfsport.
Was ist der beste Weg, um Aikido zu lernen?
Regelmäßige Trainingsteilnahme bei einem guten Lehrer, ggf. ein paar Impulse durch Online-Beiträge, Videos oder aus Büchern holen.
Fitness, Gesundheit & Körperliche Grundvoraussetzungen
Ist Aikido sportlich anstrengend?
Im Aikido ist es üblich, dass man durch die dort hoch bewertete Eigenverantwortung die eigene körperliche Anstrengung und Grenze selbst wählt. Jeder engagiert sich in dem Maße beim Training, wie es die körperliche und geistige Verfassung zulässt. Zudem variieren die unterschiedlichen Elemente wie Sportlichkeit, Effektivität, Gesundheitsaspekt, Meditationsanteil und japanische Etikette in den einzelnen Stilrichtungen. Daher hängt das Grundlevel an sportlichem Einsatz stark vom Trainer ab, der aber auch das Level fließend auf die Gruppe und deren Bedürfnisse anpasst. Der Unterricht kann also eher meditativ oder konzentriert oder sportlich gehalten sein. Militärischer Drill ist eher selten. Fortgeschrittene kommen durch eine höherer Wiederholrate und schnelle Fallschule regelmäßig sowie intensiv ins Schwitzen.
Ist Aikido ein Sport für Frauen? Ist Aikido für Frauen geeignet?
Diese Frage impliziert, dass Frauen körperlich anders gebaut sind als Männer oder eine andere Erwartung bzw. Lebensauffassung haben. Geht man davon aus, dass Frauen im Durchschnitt eher weniger Kraft haben und mehr Talent für diffizile Bewegungen, dann muss man ganz klar sagen: Ja! Im Gegensatz zu vielen anderen Kampfkünsten steht im Aikido die Fertigkeit, Geschicklichkeit im Vordergrund und nicht die Kraft, Stärke oder Ausdauer. Jeder kann sich zudem selbst die körperliche Intensität des Trainings bestimmen. Auch hat Aikido eher einen gemeinschaftsfördernden Charakter anstatt einem militärischen Stil, der auf individuellen Sieg durch körperliches Messen abzielt. In Summe ist die Ausbildung der respektvollen Geisteshaltung sowie Betrachtung gesundheitlicher Aspekte wesentlich präsenter als bei anderen, v.a. wettkampforientierten Kampfkünsten.
Ab welchem Alter kann man Aikido trainieren? Ist Aikido kindgerecht?
Ein Faktor beim Aikido ist die geistige Konzentrationsfähigkeit: Es wird im traditionellen Training eher ernsthaft trainiert anstatt mit kindgerechten Spielen. Je nach individueller Reife des Kindes wird also ein Alter zwischen 12 und 16 Jahren angemessen sein. Dennoch gibt es spezielle Kinderkurse ab ca. 6 Jahren, die eher spielorientiert sind und die insbesondere auch körperliche Besonderheiten der Wachstumsphasen der Kinder berücksichtigen.
Gibt es Altersbeschränkungen im Aikido oder kann ich Aikido auch im hohen Alter als Rentner betreiben?
Aufgrund der gelebten Eigenverantwortung kann man Aikido bis ins hohe Alter trainieren. 80 Jahre und älter sind keine Seltenheit. Sollte eine Übung die individuellen, körperlichen Fähigkeiten überschreiten, wird der Trainer eine alternative Bewegung mit weniger Herausforderungen anbieten bzw. der Schüler wird selbst die Übung passend zu seinen Möglichkeiten abwandeln. Klassisches Beispiel ist, dass man im hohen Alter sicher nicht mehr so fallen kann wie ein Junger. Die Schläge, Hebel und Würfe selbst sowie das Gefühl für Timing und Distanz kann der Ältere jedoch genauso üben, ggf. mit reduzierter Geschwindigkeit.
Wie fit muss man fürs Aikido sein?
Normale körperliche Fitness ist völlig ausreichend. Bei körperlichen Einschränkungen, Behinderungen oder Krankheiten sollte man offen mit dem Arzt und dem Trainer die Möglichkeiten erörtern.
Was muss ich beim Aikido als Brillenträger beachten?
Wie immer beim Sport: stoßfeste Sportbrille mit festem Halt. Ggf. die Brille absetzen und die Technik fühlen anstatt zu sehen. Dies kann eine beeindruckende Erfahrung sein, da man eigentlich Aikido fühlen können muss und nicht nur rein kognitiv Techniken abspulen sollte.
Gibt es ein minimales und ein maximales Körpergewicht fürs Aikido?
Nein. Gewicht und Körpergröße spielen keine Rolle.
Ist Aikido »gesund«?
Dies hängt vom Lehrer ab und ob er in Anatomie über Wissen verfügt. Hebel sollten dazu im Fluss des Ki unter Kenntnis der Muskel- und Knochenverläufe gemacht werden und nicht einfach nach dem Motto »Hauptsache es schmerzt«. Im Training sollten die Hebel auf Zug geübt werden, damit die Knochen nicht aufeinander reiben. In der Anwendung kann man hier auch auf Schub umschalten. Symmetrische Verwendung der Seiten beim Üben sowie eine aufrechte, geerdete Körperhaltung sind ebenso wichtige Gesichtspunkte. Und so gibt es viele Aspekte, die für ein gesundes Training sprechen. Dies muss individuell entschieden werden. Generell kann man natürlich feststellen, dass Sport, Bewegung und Dehnung im Normalfall immer zum Vorteil des Übenden sind und dessen Gesundheit sowie Wohlbefinden fördert.
Was kann beim Aikido passieren? Ist Aikido gefährlich?
Prinzipiell kann man sich beim Sport verletzen, das liegt in der Natur der Sache.
- Im Wettkampf ist die Verletzungsgefahr durch die Geschwindigkeit und das Gewinnenwollen deutlich höher, als wenn man Techniken langsam, gemeinsam studiert. Im Aikido gibt es nur sehr wenige Stilrichtungen, die Wettkampf betreiben. Das Training findet eher auf einer gemeinsamen, wohlwollenden Basis statt. Damit wird das Verletzungsrisiko deutlich gesenkt. Aufgrund des rücksichtsvollen Erarbeitens der Technik kann man Aikido auch noch im höheren Alter betreiben.
- Bei einer Kampfkunst, die Kampf unterrichtet, liegt es schon im Namen, dass ein gewisses Risiko gegeben ist. Jedoch ist man je nach Stilrichtung sehr bemüht, brachiale, körperbeeinträchtigende Techniken durch elaborierte, gesundheitsförderliche Techniken zu ersetzen. Dies klingt zunächst paradox, funktioniert jedoch sehr gut, wie Aikido es zeigt. Zudem wird im Aikido wie in vielen Kampfkünsten der Respekt vor dem Gegenüber und dessen Körper gelehrt. Daher sind ernsthafte Verletzungen im Aikido vergleichsweise selten.
- Am Anfang kann leichter Schwindel beim Üben des Rollens auftreten. Dann sollte man alles etwas langsamer angehen. Dieser Schwindel verschwindet in der Regel mit einiger Übung bzw. nach einigen Trainings.
- Menschen mit Berührungsängsten sind am Anfang durch den intensiven Körperkontakt beim Hebeln oder Werfen bzw. durch das harte Anfassen als Angriff etwas irritiert und müssen sich ggf. erst daran gewöhnen. Der Vorteil ist, dass sich die Ängste durch die positiven Erfahrungen zunehmend besser
Was ist Taiso?
Die einleitende Gymnastik im Aikido (Aiki-Taiso) ist eine am chinesischen Meridiansystem orientierte Gymnastik und kein Warmmachen im westlichen Sinne, z.B. durch intensives Laufen und Bewegen in der Halle. Es werden vielmehr Druckpunkte stimuliert und Dehnungsübungen angeboten. Eine aufrechte Position sowie die Achsensymmetrie ist auch hier wieder von besonderer Relevanz. Wörtlich übersetzt heißt Tai-so »Körper-Übung«.
Verbessert Aikido das Körpergefühl?
Ja. Durch die Gymnastik, das Rollen und die Techniken wird die Orientierung im Raum gefördert, an der Symmetrie der Körperachsen gearbeitet, die geistige Wahrnehmung geschult, die Feinfühligkeit in der Bewegung gesteigert sowie ein Gefühl für den Rhythmus des Zusammenspiels der Partner erzeugt.
Effektivität & Selbstverteidigung
Kann man sich mit Aikido verteidigen?
Prinzipiell ja, aber diese Frage hat viele Facetten. Prinzipiell ist man als Geübter jeglicher Kampfkunst besser gewappnet als ein Ungeübter. Es hängt aber wie bei jeder Kampfkunst stark vom Ausübenden ab, inwieweit er die nötigen Fähigkeiten entwickelt hat und zielgerichtet einsetzen kann. Im Aikido steht je nach Stilrichtung, das Üben von realen Kampfsituationen nicht an oberster Stelle. Es gibt andere Kampfkünste, die nur reine Selbstverteidigung unterrichten. Aikido beleuchtet hier mehrere Aspekte, auch geistige, hat aber prinzipiell auch das Ziel, den Angriff schnellstmöglich zu beenden. Vermutlich wird es im Aikido länger dauern, bis man das Gefühl hat, sich verteidigen zu können, bekommt dafür aber im Gegenzug ein gutes Gefühl für die Wirkung der eigenen Geisteshaltung auf potentielle Angreifer sowie mentale Deeskalationsfähigkeiten. Aikido wird daher von der Allgemeinheit eher als defensiv eingestuft, ist aber bei genauerer Betrachtung eine sehr offensive Kampfkunst.
Gibt es Stile, die mehr Wert auf Selbstverteidigung legen?
Ja. Prinzipiell haben hier die einzelnen Stile eine unterschiedliche Gewichtung auf dem Thema Selbstverteidigung. Letztlich hängt es aber immer vom Lehrer selbst ab, wie er unterrichtet. Es kann durchaus sein, dass jemand durch eine entsprechende Lebenserfahrung ein stark an Selbstverteidigung ausgerichtetes Training anbietet. Im Idealfall sollte man daher verschiedene Trainingsangebote besuchen und sich selbst ein Bild vor Ort machen.
Ist Aikido abgesprochen? Sind die Bewegungen zwingend oder fällt der Angreifer freiwillig?
Der Schwung einer Technik kommt immer vom Uke (dem Fallenden) selbst, da er bemüht ist, sein gehebeltes Gelenk (beim Kotegaeshi z.B. Handgelenk) durch das Fallen zu schützen, da er nur so aus dem Hebel herauskommt. Daher ist die Fähigkeit, Fallen zu können, im Aikido sehr betont. In Vorführungen würde man eine Technik mit Atemis (schnelle Schläge auf vitale Punkte) glaubhafter in Szene setzen und auch optisch gut wirkende Angriffe wählen. Im Training geht es darum, rein die Technik am jeweiligen Gelenk optimal und im richtigen Winkel zu üben. Daher lässt man üblicherweise komplexe Eingänge weg, und so ist einfaches Greifen beim Unterrichten von Basistechniken üblich. Dies nimmt den zeitlichen Druck bei der Reaktion etwas heraus und lässt mehr Raum für die Konzentration auf eine saubere Technik.
Grundsätzlich ist im Aikido der Geworfene immer angehalten, die Technik bestmöglichst mitzumachen und trainiert dadurch seine Flexibilität, körperliche Verfügbarkeit sowie Reaktionsfähigkeit. Da er stets weiß, was kommt, könnte er jede Technik verhindern. Die Techniken wirken zudem nicht nur auf das eine Gelenk (beim Kotegaeshi z.B. Handgelenk), sondern werden so ausgeführt, dass durch die gezielte Verwindung der Muskelstränge der gesamten Körper kontrolliert wird. Würde bei der Technik nur das Gelenk schmerzen, wäre es angebracht, weiter an der Technik zu feilen, weil dies eher ein Nebeneffekt sein sollte.
In der Anwendung sieht es komplett anders aus: Hier ist eine bestimmte Technik zu machen nicht geplantes Ziel, sondern eine Technik ergibt sich spontan aufgrund der Ausrichtung aller Aktionen zum Zentrum des Angreifers. Dies ist die anzustrebende, techniklose Essenz des Aikido. Man kann erst im Nachhinein sagen, welche Technik das jetzt war. Der Aikidoka wird sich also der entstandenen Technik erst bewusst, wenn alles passiert ist. Alles andere, im Sinne von Techniken planen, funktioniert bei einem geübten Angreifer eher nicht. Im Training wird dagegen häufig alles vorgeben, mit dem Grundgedanken, in einem vordefinierten Rahmen verletzungsfrei Bewegungen zu studieren - sowohl die müheloseste Kraftrichtung der Technik als auch das optimal schonende Fallen aus voller Geschwindigkeit. Kann der Uke dies in allen Situation und Körperlagen, hat er bereits eine sehr hohe Fertigkeit im Fallen erreicht, so dass es spielerisch aussieht. Dem liegt nicht selten jahrelanges Üben zugrunde, damit er sich dem werfenden Partner in seiner Technikstudie voll hingeben kann, ohne sich dabei selbst Verletzungen zuzuziehen. Hierdurch erhält der Technik-Übende die maximale Lernkurve. Also insofern kann man Aikido immer als Hollywood-Choreographie bezeichnen, würde aber dem Dahinterliegenden im Ganzen nicht gerecht werden.
Ist Aikido üben eine Illusion bzgl. der realen Anwendung?
Ja und nein. Man braucht einen geschützten Rahmen, in dem man üben kann. Daher ist das Üben nie real. Es geht im Dojo nicht um Leben und Tod, aber man sollte sich im Geiste an dieses Prinzip anlehnen, zumindest bei der Ernsthaftigkeit des Übens, allerdings ohne den Partner einer realen Gefahr auszusetzen. Ebenso kann man keine Angriffe »abfangen« und die Hebel sind nicht durch »aktives Wollen« oder gar geplant auszuführen, sondern eher »zufällig«. Die Techniken entstehen also in der Situation aus dem Prinzip »Izumo manaka« (immer ins Zentrum) und Atemi-Waza (schnelle Schläge auf vitale Punkte). Diese Qualitäten gilt es spätestens als höherrangiger Dan-Träger zu verstehen. Insofern funktionieren die Techniken aus dem Aikido nur spontan aus der Anwendung der genannten Prinzipien in Verbindung mit durchdringenden Atemis und gezieltem Ausweichen im richtigen Timing bei gleichzeitigem Halten des Drucks im Zentrum des Angreifers. Oft sieht man, dass ein Mangel an einer dieser Qualitäten durch Kraft ersetzt wird. Leider ist Aikido - wie alle anderen Kampfkünste auch - in einer nachlässigen, unsauberen Ausführung nicht mehr effektiv und somit Illusion. Dies gilt es durch Üben und kritische Betrachtungen wieder in die Realität zu überführen.
Kann man mit Aikido Abrollen auch zur Vorsorge für einen Sturz lernen?
Ja. Viele westliche Sportarten empfehlen sogar für die Sturzprävention Judo- oder Aikido-Rollen zu üben.
Training & Kosten
Macht Aikido Spaß?
Ja, das sollte es, sonst wird man es kaum länger betreiben. Aikido ist zwar eine konzentrierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und Geist, dennoch lernt man mit Spaß und Freude unter Gleichgesinnten am besten. Daher sollte in jedem guten Training eine Portion Humor das Üben untermalen. Jeder, der Spaß an mentaler Herausforderung, Körperbewegung, neuen Fähigkeiten und Einsatz des richtigen Timings hat, wird hier seine Freude finden. Letztlich ist aber für die Stimmung im Training der Lehrstil des Trainers ausschlaggebend. Man sollte sich daher den Trainer aussuchen, der den individuellen Bedürfnissen entspricht.
Kann ich eine Probestunde nehmen?
Ja. Die meisten Dojos bieten mindestens eine kostenfreie Probestunde an. Am Anfang stellt man sich am besten höflich dem Trainer vor und bittet um ein Probetraining. Dieser wird dann die Modalitäten besprechen und zu einer guten Lösung kommen.
Welche Kleidung benötigt man im Aikido-Training?
Starten kann man im langen Trainingsanzug. Ein richtiger Aikido-Anzug in mittlere Dicke vergleichbar der im Judo benutzten Anzüge ist sinnvoll, da man bei einigen Würfen auch mal kräftig am Anzug gehalten wird. Die dünnen Anzüge (meist im Karate verwendet) sind für Stab und Schwert völlig ausreichend. Die ganz dicken Wettkampf-Anzüge wie im Judo sind nicht von Nöten. Der Hosenrock (Hakama) wird erst später benötigt, wenn man eine entsprechende Graduierung hat (häufig erst ab schwarzem Gürtel, je nach Stilrichtung teilweise früher).
Welche weitere Ausrüstung braucht man im Aikido? Wie hoch sind die Kosten?
Aikidoka trainieren barfuß (ggf. mit Socken) in bequemer, langer Kleidung. Im Idealfall kann man einen weißen Dogi (Anzug) mittlerer Materialstärke mitbringen. Aus Sicherheitsgründen v.a. wegen der Verletzungsgefahr ist Schmuck abzulegen oder abzukleben. Besonders am Anfang der Trainingsteilnahme wird der Trainer die Waffen nach Absprache gerne stellen. Irgendwann wird man sich zum Dogi noch die eigenen Waffen Stab (Jo), Holzschwert (Bokken), Messer (Tanto) besorgen. Der Preis liegt rund bei moderaten 100 Euro für die Grundausstattung, die für viele Jahre halten sollte. Ab dem schwarzen Gürtel wird man sich dann noch einen Hakama (Hosenrock, ca. 100 Euro) kaufen (in manchen Stilrichtungen etwas früher). Ein weiterer Dogi zum Wechseln ist bei häufiger Trainingsteilnahme pro Woche oder für längere Lehrgänge durchaus sinnvoll.
Sind Anfänger willkommen?
Anfänger sind immer herzlich willkommen. In den meisten Stilrichtungen kann man als purer Anfänger direkt mit langjährigen Teilnehmern trainieren, da häufig ein gemischtes Training stattfindet. Dies bietet dem Anfänger eine schnelle Integration durch fundierte Erklärungen sowie beiden ein lebendiges Dazulernen (auch der Fortgeschrittene lernt vom Anfänger durch dessen Fragen). Möglichst rasch Gürtelgrade zu erlangen wird weniger wichtig erachtet, als ein breiter Verständniszugewinn durch das gemeinsame Studieren der Techniken mit unterschiedlichen Partnern und Graduierungen.
Wie nett sind die Trainer und Mitglieder im Aikido?
Üblicherweise sind die Trainer im Aikido eher gemeinschaftsorientiert, sehr zuvorkommend, wenig Druck ausübend und stellen sich auf den Schüler sowie seine Bedürfnisse ein. Ähnliches gilt für die anderen Teilnehmer, da Aikido das wohlwollende, gemeinsame Erarbeiten der Technik fördert und wenig Raum für Eitelkeiten bietet.
Sind Fragen im Training willkommen?
Jederzeit, entweder den Trainer oder die langjährigen ("älteren") Schüler fragen. Ein guter Lehrer sollte einer kritischen Frage wohlwollend gegenüberstehen und diese mir Bravour beantworten können. Dumme Fragen gibt es nicht - jede Frage ist wichtig und wertvoll, geradezu essentiell. Fragen im Aikido sind für das Verständnis vieler wichtig, da wir in einer rational orientierten Welt leben, die gerade ihre Stärken in diesem linkshirnigen Lernen hat – wenngleich der Kanal "Spüren" mindestens gleichwertig betrachtet werden muss. Durch Fragen kann man ein Thema mit hoher Komplexität wie z.B. Exaktheit und Präzision genauer Beschreiben und viele Leute bei ihrem Lernprozess unterstützen sowie Wege zum Erspüren von Techniken aufzeigen. Allerdings kann die Sprache auch zur Verwirrung und zu Missverständnissen führen. Hier zeigt einem das konzentrierte Erspüren den wahren Weg zur Meisterschaft.
Wie geeignet sind Online-Tutorials, um Aikido zu lernen?
Für die reine technische Abfolge sind online Tutorials sicherlich ein guter Impulsgeber. Ein Trainer ist aber unerlässlich, um die feinen Nuancen herauszuarbeiten, Fehler auszumerzen, tieferes Verständnis zu fördern und v.a. das Timing richtig zu erklären. Ohne Timing und ohne gezielter Anwendung des richtigen Energieflusses sind die einzelnen Techniken nur eine stupide Aneinanderreihung von Bewegungen. In der Musik wäre es eine sinnbefreite Aneinanderreihung von Tönen - ein echtes Lied wird es erst, wenn man die Töne harmonisch und rhythmisch arrangiert. Die Übungen mit einem realer Partner unter Anleitung eines erfahrenen Aikidokas sind daher zum Verstehen der Kraftflüsse unerlässlich; sonst entsteht meist nur ein Gezerre und zähes Kräftemessen ohne der nötigen Finesse. Alleine kann man logischerweise das Zusammenspiel der auftretenden Bewegungsenergien, sowie Knochen- und Muskelverläufe bei den Übungen kaum ergründen.
Muss man sich im Aikido verneigen? Welche Bedeutung hat das Verneigen?
Verneigen ist eine Form der Ehrerbietung und Ausdruck des Dankes im Aikido. Man sollte es nicht mit Unterwerfung oder Minderwertigkeit gleichsetzen - dies wird im Westen oft falsch interpretiert. Daher ist das Verneigen auch eine warmherzige Form des gegenseitigen Respekts und des Segnens. Herz und Geist sind beim Verneigen auf der gleichen Höhe und reduzieren damit das eigene Ego. Verneigen hat auch einen sehr praktischen Nutzen im Alltag: Um in einem Streit die innere Gelassenheit zu bewahren oder gar wieder herzustellen, wenn man innerlich echauffiert ist, kann man sich vor dem Gegner verneigen. Am Anfang wird man etwas inneren Widerstand erfahren, nach wenigen Wiederholungen wird man aber frei von der eigenen Hybris sowie der Streitsituation im gesamten und kann wieder klar denken. Dies gilt es möglichst häufig zu üben. Insofern ist Verneigen eine nutzbringende Technik und tiefe Geste der Freundschaft sowie Friedfertigkeit gleichermaßen.
Ist Aikido ähnlich wie Judo/Karate/Kendo/Tai-Chi...?
Letztlich haben alle Kampfkünste das gleiche Ziel: einen Angriff so schnell wie möglich zu beenden. Da alle Menschen vom Grundaufbau des Körpers sehr ähnlich sind, entwickelten sich die Systeme aus den unterschiedlichsten Ländern doch immer wieder in die gleiche Richtung. Jedoch existieren abweichende Unterrichtsstile und unterschiedliche Gewichtungen von Verteidigungselementen, wie Schlagen, Treten, Hebeln, Werfen, Blocks etc. Somit kann man im Aikido sicher bei den Würfen Elemente aus dem Judo erkennen, jedoch sind im Judo durch den Wettkampfaspekt gewisse Dinge verboten, die im Aikido erlaubt ist. Kendo benutzt auch Waffen wie im Aikido, beinhaltet jedoch ebenfalls Wettkampf und man trägt dort deshalb eine Schutzausrüstung. Auf beides wurde im Aikido bewusst verzichtet, weil dadurch eine andere Geisteshaltung gefördert wird. Tai-Chi hat wie Aikido den starken Fokus auf das Studium des Ki (= Chi, Prana, Lebenskraft), sieht aber oberflächlich betrachtet durch die vielen Einzelübungen anders aus, obwohl beide Kampfkünste sehr viel gemeinsam haben. Im Karate sind in den meisten Stilrichtungen sehr stabile Stände, massive Schläge und Blocks prägend, beim Taekwondo insbesondere ausgefeilte, akrobatische Fußtritte. Aikido agiert hier agiler und arbeitet explizit ohne Blocks. Jiujitsu sieht vielleicht auch ähnlich aus, lebt je nach Stilrichtung aber mehr Bodenkampf und hat mehr den Verteidigungsaspekt im Vordergrund (Jutsu = Handwerk versus Do = geistiger Weg). Ebenfalls gilt Wing Chun und Krav Maga meist als Selbstverteidigung pur, hat aber dennoch bei genauerer Betrachtung sehr viele Gemeinsamkeiten in den Prinzipien von Aikido. Als Fortgeschrittener werden einem die Gemeinsamkeiten der Kampfkünste zunehmend bewusster werden. Deshalb ist es für die meisten Fortgeschrittenen sehr leicht, an Trainings anderer Kampfkünste erfolgreich teilzunehmen. Man sollte sich daher eher am Trainingsstil und der Qualität des Lehrers orientieren und weniger am Image der Kampfkunst, um festzustellen, welches System am besten zum eigenen Wesen passt.
Welche Vorerfahrung sollte man zum Aikido mitbringen?
Es sind keine Vorerfahrungen nötig.
Welche Vorübungen kann man für Aikido machen?
Eine gewisse körperliche Fitness und Flexibilität ist sicher von Vorteil beim Umsetzen der Bewegungen. Ebenso haben Menschen aus dem Gesundheitssektor, die manuelle Therapien anbieten (Physiotherapeuten, Osteopathen, Masseure, Energiearbeiter etc.), gewisse Vorteile und können das Gezeigte kognitiv schneller erfassen sowie technisch direkter in spürbare Ergebnisse umsetzen. Auch sind Vorerfahrungen von anderen Kampfkünsten nutzbar. Prinzipiell sind keine Vorübungen nötig, alles wird im Training Schritt für Schritt vermittelt.
Braucht man für Aikido immer Matten?
Generell wird im Aikido mit Matten trainiert, um die Würfe und Hebel dynamisch bis zum Boden führen zu können. Die Fallschule ist auch nicht schwierig zu erlernen. Am Anfang kann jedoch Schwindel auftreten, dieser verschwindet mit einiger Übung in der Regel. Dennoch kann es sein, dass keine Matten zur Verfügung stehen oder man bei schönem Wetter draußen auf der Wiese trainiert. Dann kann man die Hebel auch so ansetzen, dass der Angreifer nicht ganz zu Boden geführt wird, der Hebel aber seine Wirkung entfaltet. Ebenso kann man den Hebel so in der Richtung verändern, dass der Angreifer (Uke) zwar die Wirkung des Hebels erhält, er den Impuls aber im Raum auslaufen kann, ohne Fallen zu müssen. Stehen keine Matten zur Verfügung kann man die Hebel auch alternativ langsam zu Boden führen. Sehr Fortgeschrittene können auch versuchen, auf hartem Untergrund abzurollen. Hartes Werfen ohne Matten auf festen Boden ist wegen der Verletzungsgefahr nicht sinnvoll. Beim Training mit Stab und Schwert werden keine Matten benötigt, dafür aber, durch die zusätzliche Länge der Waffen, eine hohe Deckenhöhe.
Welche Waffen werden im Aikido unterrichtet?
Das Bokken (Ken) ist ein Holzschwert, etwa 1m lang. Der Stab (Jo) mißt 1,27m (50 Zoll). Aiki-Ken/Aiki-Jo bedeutet, dass sowohl Angreifer wie Verteidiger Waffen (Bokken/Jo) tragen. Die Übungen werden somit Waffe gegen Waffe ausgeführt. Aiki-no-Ken/Aiki-no-Jo bedeutet »Aikido mit Angriff durch Ken/Jo«, der Angreifer hat also eine Waffe der Verteidiger nicht. Die beiden Waffen Jo/Ken sind von der Beschaffenheit und Größe so gewählt, dass die Techniken leicht auf andere Waffengattungen übertragbar sind. So bietet der Jo z.B. mit seiner Länge die Möglichkeit, dass er gleichzeitig an beiden Enden umfasst werden kann. Damit sind fließende Bewegungen beim Umgreifen des Stabes direkt an beiden Ende möglich - er muss also nicht zwingend zum Umgreifen losgelassen werden. Dieses Umgleiten an den Enden erhöht somit die Vielfalt der möglichen Bewegungen im Vergleich zu längeren Waffen. Dennoch hat der Stab mit 1,27m Länge schon eine gewisse Reichweite, mit der es umzugehen gilt.
Bewegungsstudien mit dem Holzmesser (Tanto) werden dafür verwendet, technische Schwächen bei der waffenlosen Verteidigung aufzudecken. Ohne Messer kann man sich die eine oder andere Technik noch per Krafteinsatz »zurechtbiegen«, aber mit dem Messer werden plötzlich die einzig richtigen Kraftrichtungen sehr klar, da man bei falscher Bewegung schnell in eine (Holz-)Klinge blickt oder von ihr getroffen wird.
Lernt man im Aikido auch längerfristig immer etwas Neues?
Ja. Aikido hat ein weites Betätigungsfeld. Während man bis zum ersten schwarzen Gürtel insbesondere am Verstehen der Techniken arbeitet, kommen später Perfektion, Timing, und Distanz hinzu sowie die Kontrolle mehrerer Angreifer. Ebenso kann Aikido mit und ohne Waffen geübt werden. Dadurch erhält man ein Betätigungsfeld, das über viele Jahre interessant bleibt.
Details zur Ausrüstung
Welches Bokken soll ich mir kaufen?
Die Länge ist durch den Begriff »Bokken« definiert, ca. 1 m. Der Rest ist absolute Geschmacks- und Gefühlssache. Günstige Holzschwerter gibt es beim Massenversender schon ab 10 Euro. Preislich sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Ein realer Preis für ein eigenhändig ausgesuchtes Schwert liegt bei 20-100 Euro. Es kann aber auch eines für 10 € passen, wenn man sich damit wohl fühlt. Bei der Wahl kommt es auf die Griffgröße (Haptik) und die Lage des Schwerpunktes an (mehr vorne versus mehr hinten). Den Schwerpunkt findet man durch einfaches Schlagen (Shomen) recht gut heraus. Zurückhaltenden Menschen sei eher angeraten, den Schwerpunkt weiter vorne zu wählen, da sie dann mehr Wucht in den Schlag bekommen und das Schwert sie nach vorne zieht bzw. sogar antreibt. Den Schwerpunkt kann man mit etwas handwerklichem Geschick in der Holzbearbeitung aber auch im Nachhinein mit dem Schwingschleifer oder einer Abziehklinge verändern.
Beim Griff sei ein moderater bzw. kleinerer Durchmesser mit eher runder Form empfohlen, anstatt die häufig im Handel anzutreffende großen, ovalen Griffformen. Aber auch den Griff kann man im Nachhinein zurechtschleifen. Ecken bzw. scharfe Kanten am Griffende muss man am besten gleich entfernen (auch bei den teuren Schwertern), sonst gibt es Blasen. Der Griff soll geschmeidig in der Hand liegen. Ein Schwert ist in erster Linie ein Werkzeug und kein Dekorationsartikel. Dann stellt sich die Frage nach der bevorzugten Farbe: weiß, rot, braun, dunkelbraun bis schwarz. Unlackiert fasst sich ein Schwert natürlicher an. Einölen schützt das Holz, ohne die Poren zu schließen und gibt einen schönen Glanz. Daher ist auch eine schöne Maserung von Vorteil. Insbesondere sollte man deshalb beim Kauf darauf achten, dass das Bokken keine ausgebesserten Stellen im Holz hat (Astlöcher etc.). Will man dann einmal das Schwert nachschleifen, kommt die unansehnliche Füllmasse unter dem Lack deutlich sichtbar heraus.
Hinweis: Bitte darauf achten, ob die gewünschte Farbe echt vom Holz kommt oder auflackiert ist. Bei den günstigen Holzwaffen ist z.B. weiß oft nur auflackiert und keine echte helle Eiche.
Das Wichtigste bei der Auswahl des eigenen Schwertes ist, man muss es einmal selbst in der Hand gehalten haben, und man muss sich damit wohl fühlen. Daher ist es schwierig, über den Versandhandel ein teures Schwert zu erwerben. Es kann durchaus ein tolles Schwert sein, das aber einfach nicht zu einem selbst passt. Bei den günstigen Schwertern ist es im Prinzip egal, wo man diese kauft. Evtl. kann man sich am Anfang ein günstiges Bokken vom Massenversender kaufen, um nach einiger Übung (ca. nach einem Jahr) dann zu einem handverlesenen zu gelangen. Hierbei kann man sich gerne Zeit lassen, bis man wirklich an »sein« Schwert hingeführt wird.
Im Kobayashi-Aikido verwenden wir keine Tsuba (Stichblatt) und keine Saya (Scheide), da wir das Bokken als eigenständige Waffe betrachten und nicht als Katana-Ersatz.
Welchen Jo (Stab) soll ich mir kaufen?
Der Jo ist 1,27 m lang. Dies entspricht 50 Zoll. Empfehlenswert sind Stäbe mit ca. 2,5 cm (1 Zoll) Durchmesser. Dieses Maß hat sich als Standard etabliert. Je nach Vorliebe kann man die Dicke frei wählen, wobei sie sich dann in der Regel zwischen 2,2 cm und 2,8 cm bewegt. Darunter sind die Stäbe meist nur filigran zu greifen und werden auch zerbrechlich, darüber werden die Stäbe meist unhandlich. Der Stab sollte möglichst glatt sein, keine Einkerbungen bzw. Schnitzereien haben, da er mühelos durch die Hand gleiten können soll. Bitte für die Stabilität möglichst langfasriges Hartholz verwenden. Die im Handel zu beziehenden Stäbe sind meist lackiert. Das kann beim schnellen Durchgleiten durchaus bremsen und tatsächlich hörbar quietschen. Unlackierte Stäbe, nur geölt auf Basis natürlicher Öle, laufen hier geschmeidiger. Die Natürlichkeit des Öles ist sinnvoll, da man durch Schwitzen an der Handinnenfläche permanent im Austausch mit dem Stab steht und somit das Öl hautverträglich sein sollte.
Welches Tanto (Holzmesser) soll ich mir kaufen?
Für das Training benötigt man ein einfaches, nur stilisiertes Holzmesser, dessen Klinge nur angedeutet und dessen Spitze gut abgerundet ist. Es sollte in Summe so gestaltet sein, dass man niemand verletzen kann, denn beim schnellen Üben greift man doch auch mal daneben. Zudem kann man als Angreifer schneller bzw. realistischer angreifen und muss nicht permanent aufpassen, dass man seinen Partner verletzt. Es gibt im Fachhandel grob stilisierte Übungsmesser aus Holz recht günstig zu beziehen. Ebenso gibt es Messer aus Gummi, die wie Metall aussehen und dazu noch flexibel sind. Sollte man aus Versehen den Partner damit treffen, biegen sie sich weg. Letzten Endes ist es Geschmacksache, welches man wählt. Im Aikido haben die meisten Holzmesser. Für Vorführungen kann eine echte Metall-Optik aus Gummi vielleicht mehr Effekt erzielen. Ein einfaches, griffiges Rundholz reicht für das Training im Prinzip schon aus, allerdings ist der Fun-Faktor höher, wenn das Holzmesser eine echte Haptik hat und einem echten Messer optisch nahe kommt – wie gesagt mit entschärfter Spitze und stumpfer Klinge.
Welche Waffentasche soll ich mir kaufen?
Eine Waffentasche sollte ausreichend Platz bieten und stabil sein, vor allem unten am Boden, da die Spitze des Bokkens sich über die Jahre langsam durch den Stoff arbeitet. Im Zweifel die Tasche lieber etwas größer wählen, da man mindestens einen Stab und 2 Schwerter für 2-Schwert-Techniken sowie ggf. ein Tanto darin unterbringen muss. Das Tanto passt natürlich auch in die Sport-Tasche. Allerdings liegt die Waffentasche meist direkt am Mattenrand, und so ist das Tanto schneller griffbreit, als wenn man sich erst zur Dogi-Tasche begeben muss, die manchmal auch noch in einem separaten Raum (z.B. Umkleide) steht. Im Handel gibt es Taschen je nach Geschmack mit Reißverschluss, zum Schnüren, Kletten und Clipsen. Form und Farbe sind individuell. Die Länge sollte nicht zu knapp bemessen sein, da auch mehrere Waffen durch die Breite Einfluss auf die Länge haben. Konkret: Wenn man im Laden nur einen Stab und ein Schwert problemlos rein bekommt und die Tasche oben gerade noch so zugeht, ist sie eigentlich zu kurz. Will man mehr Waffen darin transportieren, kann das schon knapp werden. Mindestens 4 Waffen sollten bequem rein gehen.
Die größere Tasche sollten v.a. Lehrer wählen, weil sie meist noch Ersatzwaffen dabei haben, für den Fall, dass einzelne Schüler ihre Waffen vergessen haben.
Getrennte Fächer für Stab und Schwert kann bei hochwertigen Hölzern ein gegenseitiges Aneinanderschaben verhindern. Diese Taschen sind natürlich aufgrund der aufwendigen Produktion etwas teurer.
Tragegurte sind ggf. sinnvoll, aber nicht zwingend, da viele auch das Waffenbündel locker über der Schulter oder auf der Tasche liegend tragen.
Selbst gefertigte Taschen können auch dem Ganzen eine persönliche Note verleihen, zumal eine Tasche mit Schnürung einfach zu nähen ist.
Welchen Dogi soll ich mir kaufen?
Der Dogi ist im Aikido klassischerweise weiß. Der Anzug sollte logischerweise passen. Im Zweifel lieber etwas größer wählen, da die aus Baumwolle gefertigten Anzüge im Laufe der Zeit durch das Waschen eingehen. Je nach Art der Kampfkunst sind dünne oder dicke Anzüge bevorzugt. Im Karate findet man häufig die dünnen Anzüge aus Leinen. Diese sind für Stab und Schwert auch okay, vor allem an warmen Tagen. Im Judo wählen die wettkampforientierten Schüler gerne die mittleren bis schweren, dicken Anzüge, da man hier auch mal zupacken kann, ohne dass sie gleich reißen. Im Aikido tragen die meisten mittelschweren Anzüge aus gewobener Baumwolle, da man hier einerseits mal zupacken kann, sie aber auch eine gewisse Flexibilität bieten.
Welche Schuhe brauche ich für die Halle?
Zoris sind Schuhe zum Betreten der Halle und die man am Mattenrand auszieht, um den Schmutz von den Halle nicht auf die Matte zu übertragen. Flip-Flops aus Bambus und Zimt geben ein gewisses asiatisches Flair, aber prinzipiell ist man frei in Form und Gestalt. Trainiert wird letztlich barfuß oder mit Socken.
Braucht man im Aikido ein Notfall-Kit?
Hin und wieder entstehen auch mal Verletzungen, meist aufgekratzte Stellen durch lange Fingernägel, die man mit Pflaster und Tape schnell beilegen kann. Im Aikido passiert glücklicherweise im Vergleich zu anderen Sportarten weniger und so reicht hier ein kleines Notfall-Set (Erste-Hilfe-Set). Es ist hilfreiche, sich im Vorfeld als Lehrer oder Trainer klarzumachen, wie man Verletzung erstversorgt und welche Schritte in einem Notfall in Gang zu setzen sind, so dass man bei Eintritt einer solchen Situation schnell und ruhig reagieren kann. Ein Auffrischen des Erste-Hilfe-Kurses ist für Trainer sicher von Nutzen. Auch gibt es spezielle, tiefergehende Kurse für die Kampfkünste in Kuatsu (wörtlich übersetzt »Technik zur Wiederbelebung«).
Schulen & Stilrichtungen
Welcher Aikido-Stil wird hier gelehrt?
Aikido nach Hirokazu Kobayashi. Kobayashi-Aikido zeichnet sich darin aus, dass die Bewegungen sehr aufrecht, effizient und kompakt gehalten werden. Die kurzen Bewegungen sind dennoch und explizit an der Gesundheit orientiert. Die klare japanische Etikette ist auch ein weiterer, wesentlicher Bestandteil des Trainings. Exaktheit, tiefes Verständnis, optimiertes Erzielen von Wirkung und punktgenaues Timing werden wichtiger erachtet als schnelles Wiederholen von Übungen auf maximale Anzahl oder permanent schnelles Fallen. Dennoch gibt es im Vergleich zu den großen Stilrichtungen sehr ausgefeilte Falltechniken, und es wird auch Wert darauf gelegt, diese richtig zu erlernen. Stab und Schwert ist als Besonderheit hervorzuheben. Die ausgereiften Techniken kommen ohne Block aus und werden neben Kata-Formen in Einzelübungen auch an realitätsnahen Partnerübungen trainiert.
Welche Stilrichtungen gibt es?
Die unterschiedlichen Stilrichtungen sind dadurch entstanden, dass der Begründer, Morihei Ueshiba, über mehrere Jahrzehnte Aikido unterrichtete und er es innerhalb dieser immensen Zeitspanne stetig weiterentwickelte. Die unterschiedlichen Stilrichtungsbegründer waren zu verschiedenen Zeitpunkten beim Großmeister und wurden in den verschiedenen Epochen seines Schaffens demgemäß auch differenziert unterrichtet. Zudem war jeder O-Sensei Morihei Ueshibas älterer Schüler körperlich anders gebaut, und jeder hatte sicherlich seine individuellen Schwerpunkte. Daher gibt es verschiedene Aspekte im Aikido, die von den einzelnen Stilrichtungen abweichend stark gelebt werden:
- Effektivität & Selbstverteidigung
- Fitness bzw. Kondition
- Gesundheit & chinesisches Meridiansystem
- Elaborierte, gesundheitsorientierte Techniken vs. einfache, brachiale Bewegungen
- technische Finesse mit Timing und Distanz
- große, tänzerische Bewegungen vs. kurze Bewegungen
- Budo-Geist, japanische Etikette & Haltung vs. moderne Formen
- mit oder ohne Waffen (Stab, Schwert, Messer, ...)
- Intensität der Fallschule
- schneller Drill in den Übungen
- kognitives vs. körperliches Begreifen
- strenger vs. entspannter Lehrstil
- physikalische vs. spirituelle Erklärungen
- Starke Orientierung am Gürtelsystem vs. freiem Training
- harte Prüfungen vs. softer Graduierungen
- Kampfkunst vs. Kampfsport (Wettkampf)
Welche Aikido-Schule ist die beste?
Das kann man so nicht sagen. Die Frage müsste eher lauten: »Was ist die beste Kampfkunst oder der beste Stil für mich?«, der am besten meinen Erwartungen und körperlichen Voraussetzungen entspricht. Daher ist es angeraten, verschiedene Trainings oder Kampfkünste zu besuchen, um dann den Trainer auszuwählen, dessen Stil der eigenen Lernmotivation am nächsten kommt. Zudem ist festzustellen, dass jeder Lehrer seine eigene Lebensgeschichte ins Training mitbringt, er zwar durch den von ihm repräsentierten Stil geprägt wurde, er aber ebenso stark Anteile seiner persönlichen Interessen im Training integriert. Konkret: Wenn ein Stil im allgemeinen weniger den Selbstverteidigungsaspekt lehrt, kann es dennoch sein, dass ein bestimmter Lehrer aus persönlichem Interesse dies häufig in sein Training sehr gut einbindet. Ähnliches gilt für die Komponenten Spiritualität, Japanologie, Meridiane, Fitness, Budo-Tradition, Waffen etc.
Welche Bedeutung haben Gürtel bzw. Graduierungen im Aikido?
Man kann in den meisten Stilrichtungen grob zwischen Kyu- (Farbgürtel, 6-1. Kyu) und Dan-Graden (schwarze Gürtel, 1-10. Dan) unterscheiden. Je nach Stilrichtung wird man die Farben nach außen sichtbar oder einheitlich weiß tragen. Im Kobayashi-Aikido werden keine Gürtelfarben getragen und ab dem ersten Dan trägt man dann den Hakama (Hosenrock). Dadurch wird ein unvoreingenommenes Erspüren der Fähigkeiten des Gegenübers trainiert, ohne dass man dazu verleitet ist, den Partner nur aufgrund seiner Gürtelfarbe einzuordnen. Typischerweise findet man ungefähr folgende Einteilung:
6. Kyu - weiß
5. Kyu - gelb
4. Kyu - orange
3. Kyu - grün
2. Kyu - blau
1. Kyu - braun
1. Dan: alle Techniken sollten bekannt sein
2. - 10. Dan: In den weiteren Graden kommen tieferes Verständnis für Aikido, elaborierte technische Fertigkeiten sowie ein Gefühl für Timing und Distanz hinzu. Die Fähigkeit zur Kontrolle mehrerer Angreifer gleichzeitig wird studiert. Ebenso wird man beginnen, eigene Trainings aufzubauen und in Lehrgängen zu unterrichten. Generell steigt zunehmend das Engagement für Aikido aus innerem Antrieb und man wird dadurch automatisch überregionale Bekanntheit erlangen.
Kinder-Grade können Zwischenfarben enthalten.
Je nach Stilrichtung sind die Prüfungen sehr zentraler Bestandteil. In diesem System übt der Schüler - häufig mit Gleichrangigen - gezielt auf den nächsten Gürtel hin und meldet sich dann zur Prüfung selbständig an. Dies entspricht eher einer westlichen Herangehensweise und kommt Leuten entgegen, die vom Prüfungssystem motiviert schnell vorankommen wollen. Es gibt klare, schriftlich veröffentlichte Prüfungskriterien und die Erfüllung derer werden vom Prüfungsgremium entsprechend der Tagesform des Prüflings objektiv bewertet. In traditionelleren Systemen wie im Kobayashi-Aikido spricht der Lehrer die Graduierungen aus und bringt damit den Fortschritt des Schülers sowie seine Anerkennung zum Ausdruck. Dabei entspricht die Prüfung eher einer Darbietung der Fähigkeiten des Schülers und nicht einer Prüfung dessen, was er nicht kann. Die Prüfungskriterien sind weicher formuliert. Die abschließende Bewertung findet in motivierender Form statt und versucht dem Schüler sein Entwicklungspotential aufzuzeigen. Ein Durchfallen wäre ein Affront gegenüber seinem Lehrer, da er nicht die Fähigkeit hatte, den Schüler richtig einzuschätzen.
Spiritualität und Meditation
Was ist Budo?
Budo, wörtlich »der Weg (Do) des Krieges (Bu)«, ist die Zusammenfassung aller Kampfkünste, die nach dem ursprünglichen reinen Handwerk des Kampfes (Bujitsu) um verschiedene, insbesondere gesundheitliche und spirituelle Komponenten erweitert wurden. Budo beinhaltet:
- Die Perfektion im jeweiligen Kampfsystem, mit der Aufgabe, permanent mit maximaler Offenheit hinzuzulernen.
- Einen Ehrenkodex mit einem System an Tugenden und Etikette, z.B. Demut und Bescheidenheit (ähnlich der Zünfte in Europa).
- Die Sauberkeit und Gesunderhaltung des eigenen Körpers, damit man im Kampf die volle Leistung erbringen kann.
- Die Perfektionierung des Geistes durch Wertschätzung allen Lebens, das Ergründen von Tugenden (z.B. »sieben Tugenden der Samurai»), ehrenhaftes Handeln in allen Belangen (z.B. auch dem Gegner Auswege offen lassen, damit er sein Gesicht nicht verliert), Umsetzen des Ziels des Nicht-Kämpfens. Durch all diese Ideen entsteht der innere Kampf, das Ego zu überwinden, um schließlich die eigene Gelassenheit zu maximieren. Damit wandelt sich der kämpferisch, jugendliche Geist, der die Dinge verändern will zu Beginn des Studiums des Budo in den weisen Geist, der erkennt, dass in der Polarität alles seine Berechtigung hat (Gut und Böse nur zwei Seiten derselben Medaille sind), alles sich bereits in der idealen Ordnung befindet (sonst wäre es nicht ein stabiles Gleichgewicht der Kräfte) und somit alles gut ist, wie es ist. Dies ist jedoch nicht mit einer phlegmatischen Hinnahme der Dinge zu verwechseln. Der Budoka scheut die Klarheit und den Konflikt nicht, er wird aber innerlich gelassen bleiben und sich nicht in das Spiel von Drama und Katastrophen reinziehen lassen.
- Spirituelle Erkenntnisse, die durch die Perfektionierung des Geistes und automatisch durch das Auseinandersetzen mit dem Tod im Alltag entstanden sind und zudem noch auf den jeweiligen religiösen Aspekten fußen (z.B. Schintoismus, Ahnenverehrung etc.).
Die 7 Falten des Hakama: Was sind 7 Tugenden der Samurai?
In den asiatischen Traditionen findet man elaborierte Verhaltensformeln für eine positive Grundhaltung z.B. in den »sieben Tugenden der Samurai». Diese werden auch heute noch im traditionellen Hosenrock, dem sogenannten Hakama, durch seine sieben Falten symbolisiert:
- Güte (jin)
- Weisheit/Wissen/Intelligenz (chi)
- Gerechtigkeit/Ehre (gi)
- Pietät (koh) – in der Literatur gelegentlich auch »Meiyo« (Ehre/Respekt)
- Aufrichtigkeit (shin)
- Höflichkeit/Etikette (rei)
- Loyalität (chu)
Erläuterung: Generell ist Achtung, Ehrerbietung und Respekt gegenüber Allem zu leben, insbesondere in der Kampfkunst gegenüber älteren Schülern und Lehrern, aber auch gegenüber sich selbst. Wird diese Achtung gegenüber der Umwelt konsequent und aufrichtig umgesetzt, erwächst hieraus schließlich Pietät. Aufrichtigkeit und Höflichkeit gegenüber den Mitstreitern, Mitmenschen und Untergebenen sind die Grundlage jeden Vertrauens. Dieses Vertrauen setzt sich in innerer Überzeugung in der Loyalität gegenüber dem Dienstherrn fort. Loyalität zu geben fällt leichter, wenn man sich aufrichtig und ehrerbietend in die Hierarchie eingliedert – gewissermaßen in Freiheit unterordnet –, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Es sollte jedem klar sein, dass es zur übermäßigen Kritik im Sinne von direkten Anfeindungen des Vorgesetzten, möglicherweise noch in der Öffentlichkeit, auch die Alternative gäbe, die Gruppe (heutzutage das Unternehmen) zu verlassen. Bei wiederholten Verfehlungen eines Untergebenen oder Mitstreiters in dieser Richtung wird sich eine Trennung automatisch einstellen, da für beide Seiten eine Zusammenarbeit immer schwieriger werden wird. Diese Unterordnung bedeutet aber nicht ein permanentes, unterwürfiges Zustimmen (»Abnicken«) es bedeutet vielmehr seine Meinung aufrichtig mit aller Höflichkeit zu vertreten, die Entscheidungen des Entscheidungsträgers letztendlich loyal und ohne inneren Widerstand zu akzeptieren - oder eben ehrenhaft zu gehen. Mit dieser Grundhaltung wird man auch sich weniger grämen und somit weniger Angriffe (Zwiespalt, innere Konflikte) auf die Gesundheit erhalten. Das kumulierte Wissen geben die Älteren wiederum an die Jüngeren in Weisheit und Güte weiter. Dabei ist Gerechtigkeit im Handeln eine der zentralen Maxime. Diese Prinzipien sind nicht äußerlich durch resignierende Hinnahme und »so tun als ob« umzusetzen, sondern sind innerlich mit Form zu füllen und nur durch echte Hingabe zu erreichen. Alles andere Widerspräche der Perfektion.
Wie soll man mit Nicht-Kämpfen gewinnen?
Wenn man sich jahrelang wie ein Samurai mit Krieg oder Kampf auseinandersetzt, wird es nie ohne Einfluss auf die eigene Psyche bleiben. Entweder man wird stumpf oder, sofern das Mitgefühl intakt bleibt, wird bei jedem Sieg bzw. Verletzen des Gegenübers durch die Achtung und den Respekt vor der Schöpfung jeweils ein Stück von einem selbst mitgehen. Man wird erkennen, dass alles eins ist, alles zusammengehört, z.B. der Krieger nur durch den Gegner existiert, und jeder Teil der Schöpfung ein Spiegel des eigenen Selbst ist. Dieser Pfad führt letztlich zur Einsicht, dass ein Krieg oder jeder Kampf zu verhindern ist. Man wird also philosophisch nach alternativen Möglichkeiten der Verhandlung, des Überzeugens, des Weggehens und des Nicht-Provozierens suchen und den Erfolg der Erkenntnisse am eigenen Alltag überprüfen können. So entsteht eine Budo-Philosophie, die jeden nicht gekämpften Krieg als gewonnen Krieg erachtet - man aber prinzipiell eine Auseinandersetzung nicht scheut.
Bei genauerer Betrachtung kann man letztlich ein System tatsächlich nur im Nicht-Kampf beseitigen: Jeder der sich an einem System beteilig, egal ob er emotional oder rational mitargumentiert, gibt Energie ins System. Ein System verschwindet erst dann, wenn es in Vergessenheit gerät, also sich niemand mehr darum kümmert. Deshalb fördert derjenige, der ein System bekämpft, durch den Kampf das System absurderweise selbst und hält es so am Leben. In der Kampfkunst ist das Nicht-Kämpfen das Ziel, um den ewigen Kampf zu beenden. Dies erreicht man nur durch die egolose Reinheit des Herzens. Pragmatisches Beispiel: Die Unteren in einer Bevölkerungspyramide, die das System tragen, müssten nur mit friedfertigen Herzen weglaufen (sich abwenden), anstatt »die da oben« zu bekämpfen. Wenn das Fundament der Pyramide bröckelt, stürzt sie ein.
Kann man durch Aikido gelassener werden?
Ja. Das regelmäßige Üben der Angriffe und der angemessenen Reaktionen verändert die Geisteshaltung und fördert insbesondere die eigene Gelassenheit, weil man nur so effizient auf eine Attacke reagieren kann. Ist man nervös oder übereifrig, wird man getroffen und erhält somit die sofortige Rückmeldung auf der Körperebene, dass Entspanntheit der richtige Weg in Konfliktsituationen ist.
Kann man mit Aikido etwas für das Leben lernen?
Die mentalen Erkenntnisse aus den Kampfsituationen und die geistige Haltung im Umgang mit Angriffen sind in die Alltagswelt durch besseres Konfliktmanagement übertragbar. Erkenntnisse sind z.B. die aufrichtige und ehrenhafte Geisteshaltung, nicht direkt gegen Angriffe anzugehen, das Bemühen um alternative Win-Win-Lösungen jenseits der Standards sowie ein Loslassen von überkommenen Erwartungen. Ebenso wird die aufrechte Haltung zu besserer körperlicher Verfassung führen. Die Wahrnehmung für den eigenen Körper und die eigene Gesundheit wird geschult. Rein körperlich gesehen ist sicherlich das aus allen Lagen Fallen können eine hilfreiche Fähigkeit.
Welche asiatischen Weisheiten kann man im Aikido für den Alltag lernen?
Man erhält über Aikido insbesondere durch die japanische Etikette sowie der Arbeit an der Perfektion der Körperbewegungen tiefe Kenntnisse in asiatischen Weisheiten. Hier einige Beispiele:
- Basis für Aikido und viele andere Budo-Arten sind die 7 Tugenden der Samurai: Güte, Weisheit, Gerechtigkeit/Ehre, Pietät, Aufrichtigkeit, Höflichkeit/Etikette und Loyalität
- Zentrale Elemente im Aikido sind Ehrenhaftigkeit, Achtsamkeit & Bewusstsein, dies es zu üben gilt.
- Die Wirkung von Demut und Bescheidenheit gegenüber der Umwelt wird direkt in der Technik sichtbar. Gelassenheit, Resilienz & Stressabbau werden ebenfalls permanent durch die Techniken geübt, denn emotionale Unausgeglichenheit wird sich sofort negativ auf die Technik auswirken.
- Durch die stetigen Körperbewegungen wird Flexibilität, Gleichgewicht & Koordination gefördert.
- Die Techniken funktionieren nur richtig, wenn das richtige Maß an Klarheit, Fokus, Präsenz & Durchsetzungsvermögen vorhanden ist.
- Tiefes Verständnis über das Zusammenspiel zwischen Natur und Gesellschaft sowie dem eigenen Körper werden automatisch im Training transportiert. Daraus resultiert eine Friedfertigkeit die im Aikido als innere Reaktion auf einen Angriff geübt werden sollte.
- Selbstvertrauen & innere Stabilität wachsen mit zunehmender Fähigkeit zur Selbstverteidigung.
- Mitgefühl & Empathie wird durch wechselnde Übungspartner erreicht, die alle unterschiedlich gebaut sind. Man ist also zunehmend gefordert, ein Gefühl für die richtige Dosierung der Techniken zu entwickeln.
- Der stetige Umgang mit Angriffen bei gleichzeitiger Lösungsfindung außerhalb der Gewalt bringt Erkenntnisse für das Konfliktmanagement mit sich. Die spirituellen Einsichten unterstützen diesen Prozess zudem.
- Wie bei alle Budo-Arten sind im Aikido die Spirituelle Einsichten sehr präsent und können durch die Körpertechniken direkt auf ihren Wahrheitsgehalt ausprobiert werden. Damit bleiben sie nicht nur leere Worthülsen, sondern können direkt körperlich erspürt werden.
Inwieweit ist Aikido spirituell?
Es gibt sehr viele spirituelle Erkenntnisse und Geisteshaltungen, die im Aikido direkt durch besseres Funktionieren der Techniken überprüft werden können. Auch werden der gegenseitige Respekt vor dem Leben und die grundsätzliche Gewaltfreiheit gelehrt, sowie über die Nervenpunkte das chinesische Chakren- und Meridiansystem erklärt. In Summe sind viele Elemente der spirituellen Lehren im Aikido körperlich erfahrbar. Die Tiefe der gelehrten Spiritualität hängt wie immer vom Lehrer ab. Manche unterrichten Aikido als Sport- und Fitnessprogramm, andere wiederum als spirituelles Erfahren von Bewegungen. Die Bandbreite ist groß und sollte individuell geprüft werden.
Welche Meditationsformen werden genutzt?
Weitestgehend ZEN-Meditation und Bewegungsmeditation, je nach Wissensstand des Lehrers auch weitere Meditationsformen.
Ist Aikido Persönlichkeitsentwicklung?
Aikido hat Persönlichkeitsentwicklung nicht primär zum Ziel, wird aber durch das stetige Training - wie jede Erfahrung im Leben - sicher einen Einfluss auf das eigene Verhalten haben. Der gelebte Budo-Geist hat durchaus Vorteile für das Verstehen vieler Abläufe im privaten oder beruflichen Alltag. Kämpfen und Konfliktsituationen begegnet man überall (oft z.B. verbal) und so gibt einem Aikido für diese Herausforderungen Gelassenheit, Verständnis, Zurückhaltung und Durchsetzungsvermögen gleichermaßen mit auf den Weg, damit wir im Leben eine Balance finden können.
Kann man Aikido im Konfliktmanagement nutzen?
Ja. Konflikte haben sehr viel Ähnlichkeit mit einer realen Kampfsituation, da auch hier sehr viele psychologische Abläufe im Vorfeld der körperlichen Auseinandersetzung stattfinden. Mit der nötigen Grundhaltung und einer ausgewogenen Mischung aus Präsenz und Demut kann man Kämpfe und somit Konflikte rechtzeitig abfangen, bevor sie zu etwas Größerem anwachsen. Dafür liefert Aikido sehr viele Wahrnehmungsübungen und zeigt die psychologische Wirkung der eigenen Standposition sowie Gedankenmuster auf Konflikte auf. Damit fördert Aikido die innere Sicherheit, Stabilität, Klarheit sowie das eigene Durchsetzungsvermögen. Parallel dazu lernt man das Annehmen-Können einer Situation, das Abwarten-Können auf den richtigen Zeitpunkt und die innere Gelassenheit, alles mit Humor zu nehmen.
Warum gibt es im Aikido traditionell keine Wettkämpfe?
Das Do in Budo weist auf einen geistigen Weg hin. Die Orientierung an Wettkämpfen ändert das Training grundlegend, im Extremfall hin zur maximalen Ausrichtung am praktikablen Nutzen für den Wettkampf, weg von den geistigen Erkenntnissen, Ritualen und dem traditionellen Verhaltenskodex:
- Wettkampf ist durch das Kräftemessen eine andere Geisteshaltung als der Budo-Geist, der sich mit dem Leben und Tod intensiv auseinandersetzt. Zwar gibt es im Budo wie im Wettkampf auch Gewinner oder Verlierer, aber wenn es um Leben und Tod geht, bekommt Gewinnen oder Verlieren eine ganz andere Dimension als im Wettkampf, in dem es primär darum geht, Punkte für den Sieg zu erzielen. Im Budo geht es rein um das egolose Beenden des Kampfes ohne getroffen zu werden. (Hinweis: Ein Wettkampf sollte von der körperlichen Anforderung nicht unterschätzt werden und kann natürlich auch schlimme Verletzungen nach sich ziehen, aber sollte niemals mit dem Tod enden.)
- Wettkampf erfordert Grade (Gürtel), Gewichtsklassen und Ringrichter. All dies ist im Budo undenkbar, das es pur um Leben und Tod geht und die körperliche Beschaffenheit in einem ernsten Kampf faktisch keine Bedeutung hat, da niemand danach fragt.
- Wettkampf reduziert häufig die Techniken, auf diejenigen, die zum Gewinnen beitragen und hat nicht wie im Budo die maximale Perfektion des eigenen Körpers zum Ziel, bei dem auch für den Kampf weniger sinnvolle oder rein akrobatische Techniken zur Steigerung der körperlichen Fähigkeiten studiert werden.
- Wettkampf fördert das Gewinnen-Wollen sowie das eigene Ego durch Trophäen und Pokale - alles Geisteshaltungen, die es im Budo zu überwinden gilt.
- Wettkampf zelebriert den Gewinner in Siegesfeiern nach außen deutlich sichtbar, Budo kennt nur die stille innere Freude.
- Wettkampf erhöht die Verletzungsanfälligkeit. Es herrscht im Budo jedoch die Idee der Gesunderhaltung bis zu einem unabwendbaren, ernsten Kampf.
- Wettkampf hat wenig bis keinen spirituellen Charakter, der aber Entscheidend für das Entstehen des Budo war.
- Wettkampf hat Regeln, Budo nicht, sondern definiert nur Ehrenhaftigkeit im Leben, im Kampf und im Tod.
- Wettkampf kennt durch das Regelwerk auch mögliche Bewegungen bzw. Positionen, die im Budo unklug bewertet sind. Beispiel: Ist der Kick gegen den Unterleib verboten, kann man getrost ohne Schutz des Tiefpunkts breitbeinig vor dem Angreifer stehen. Ähnliches gilt beim Wettkampf-Duell mit dem Schwert: Ist der Kick zum Knie verboten, kann der Wettkämpfer den vorderen Fuß gefahrlos belasten, in der Realität oder beim Budo besteht die Gefahr eines durchschlagenden Fußfegers. Beim Wettkampf kann ein streifender Treffer ein Punkt sein, der zum Sieg führt, in der Realität ist er unerheblich und kann sogar im Extremfall durch einen schnellen Konter oder satten Doppeltreffer des Gegners zum Tod führen und er selbst bleibt durch den schwachen Streiftreffer nahezu unverletzt.
- Wettkampf hat das Messen der Kräfte und Fähigkeiten zu einem Ereignis hochstilisiert, Budo versucht als oberstes Ziel, den Kampf zu vermeiden.
- Wettkampf hat Sieg (Ego) und Geld (Wetten, Preisgelder) als Währung, Budo Leben und Ehre.
- Wettkampf hat das Ziel zu gewinnen, Budo hat den Weg als Ziel - im Idealfall kämpft der Budoka mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und gewinnt auch, aber ohne jemals das Ego mit dem Ziel des Gewinnen-Wollens im Herzen zu tragen. Er wird sich nach dem Sieg verneigen, dem Gegner Respekt zollen und ohne Spektakel mit tiefer Achtung vor dem Leben seines Weges ziehen. Hätte er den Kampf vermeiden können, wäre es dem Budoka lieber gewesen. Er wird den Kampf aber auch niemals scheuen.
- Wettkampf ist ein äußerer Kampf, Budo ein innerer: Wettkampf ist eine Methode, um herauszufinden, wer der Beste ist, ein Kräftemessen. Budo ist ein Methode zur Selbstverwirklichung über die eigene Perfektion, bei völliger Selbstkontrolle.
- Wettkampf erlaubt eine Phase des Aufwärmens der Kämpfer, der Budoka ist in seinem Geiste allzeit bereit, weil ein Kampf jederzeit stattfinden kann.
Technik
Was ist der Unterschied zwischen Verspanntheit, Lockerheit und Schlaffheit?
Man sollte insbesondere als Aikidoka locker sein, aber nicht schlaff. Beispiel: Wenn man ein Ei in der Hand hält, bedarf es der richtigen Körperspannung: zu viel Spannung lässt das Ei brechen, zu wenig Spannung lässt es aus der Hand gleiten. Im Aikido würde Schlaffheit zur Verletzung (Zerrung) führen. Die Übenden sollten daher durch ein Minimum - also das, was gerade nötig ist - an Körperspannung bzw. an Muskeltonus zum richtigen Zeitpunkt (also nicht dauerhaft) die ankommende Kraft zu eigenen Schutz ableiten. Übertriebene Kraft führt zu Verspanntheit und zu Blockaden. Wenn die Techniken plötzlich hart werden, ist zu viel Spannung im Spiel, wenn sie keine Wirkung erzeugen, ist man zu schlaff bzw. zu wenig präsent. Beides gilt es zu vermeiden.
Gibt es Ziehen oder Zug-Techniken im Aikido?
Prinzipiell nein, weil der andere dann kontern kann (dies kann schlecht diskutiert und muss im Training körperlich erfahren werden). Es existiert nur Druck zum Zentrum des Partners, der mal mehr oder weniger stark ist, aber niemals Ziehen. Gibt es eine Möglichkeit, wann man »ungestraft« ziehen kann? Ja, wenn man den Partner schon fest im Griff (Hebel) hat, geht es – aber eigentlich ist das Ziehen auch hier fehl am Platze, weil es eigentlich eher ein Nachlassen des Druckes Richtung Zentrum des Angreifers ist, das von außen betrachtet gerne fälschlicherweise als Zug interpretiert wird.
Was ist im Straßenkampf anders als im Dojo oder im Ring?
Die Realität unterscheidet sich grundlegend vom Dojo. Dies sollte nicht unterschätzt werden:
- Es gibt keine Regeln, alles ist erlaubt.
- Unfaire Mittel sind normal.
- Überraschungsmoment: Man wird alles in den Kampf einbauen, was man kann. Unerwartetes wird genutzt. Ablenkungen wie geschauspielertes Erstaunen bzw. erschrockenes woanders Hinstarren, um dann das Abgelenktsein des Angegriffenen zum Angriff zu nutzen ("Oh, schau mal da!").
- Psychologische Kriegsführung wird stattfinden: Beleidigen, Anschreien, verbal Druck aufbauen, .... (gibt es im Dojo gar nicht)
- Zu enge Distanz oder die ganze Kampfsituation ist unklar (im Dojo ist der Angriff definiert). Ein scheinbar freundlicher Mensch, der angeblich Hilfe braucht, kann unvermittelt in den Angriff übergehen kann.
- Gefahrenhöhe: Es ist unklar, ob es bei Provokationen nur ein ignorierbares, machoartiges Gehabe ist oder ein ernsthafter Kampf auf Leben und Tod entsteht.
- In Folge dessen ist der Startzeitpunkt unklar, weil man nicht weiß, ob der andere überhaupt kämpfen will. (Im Dojo ist das klare Übereinkunft.)
- Unklar, ob der Opponent noch Waffen zieht.
- Unklar, ob sich noch andere Mitstreiter in den Kampf einmischen, z.B. Freunde des Angreifers.
- Kein Ringrichter wird den Kampf unterbrechen, wenn es unfair oder zu gefährlich wird.
- Stimmung komplett anders: hoher Stresspegel, Angst, Wut, Ärger, Alkohol
Deshalb: Auf innere Stimme hören. Wenn sich etwas komisch anfühlt, dann lieber darauf hören und die Stelle verlassen.
Was mache ich, wenn beim Aikido nichts klappt und ich frustriert bin?
Gelassen bleiben. Das Funktionieren einer Technik kommt automatisch mit dem Üben der anderen Techniken, da das dahinterliegende Prinzip nach und nach zum Vorschein tritt. Oftmals funktioniert alles besser, wenn man alle Erwartungen loslässt. Aikido ist nicht trivial und es bedarf einiger Übung, um richtig gut zu werden. Zudem braucht es ein gutes Gefühl für Timing und Distanz, das sich erst mit der Zeit entwickelt. Die Techniken funktionieren also nur zufriedenstellend, wenn sie verinnerlicht sind und im richtigen Rhythmus bei aufrechter Körperhaltung gelassen präsentiert werden. Diese Befähigung wird nicht ad hoc erreicht oder gar durch bloßes Kopieren dessen, was man glaubt, beim Lehrer zu sehen - es muss über einen Prozess langsam erfühlt und ergründet werden. Im Aikido sind oft die Dinge entscheidend, die man nicht sieht, z.B. Geisteshaltung, Timing, Distanz, Position zum Partner oder Bewegung im Raum etc. Aber: es gibt im Training immer wieder Lichtblicke - meist genau dann, wenn man maximal frustriert ist.
Was sind die wichtigsten Tipps beim Aikido?
Die Techniken sind ein Vehikel zum Erlernen eines intuitiven Körpergefühls. Übe die Techniken daher regelmäßig bis zur Perfektion, aber sehe sie nicht an als der Weisheit letzter Schluss. Das dahinterliegende Prinzip und das Timing sind entscheidender. Prinzipien:
- Richte alle Kräfte immer auf einen Punkt im Zentrum.
- Verhafte nicht im Kampf oder in einer Position.
- Ein Kraftgerangel deutet meist auf einen Unsauberkeit in der Technik hin.
- Versuche nicht zu gewinnen, um dein Ego zu steigern - Beende die Situation aber mit den mildesten und notwendigsten Mitteln.
- Bleibe aufrecht (aufrichtig).
- Gehe über das Gelernte hinaus.
Wie ist die Kamae-Position (Kampfstellung) im Aikido?
Kamae bezeichnet eine Kampfstellung. Diese gibt es im Aikido eigentlich nicht, um den Kampf nicht zu provozieren, auf den eine Kampfstellung meist durch ihre Position, Blickintensität und ihren Namen hindeutet. Im Training steht man in der Profilstellung: der vordere Fuß zeigt nach vorne und der hintere etwa 80 Grad zur Seite, um die wichtige, seitliche Drehung der Hüfte gleich von Beginn an zu üben. Beide Fersen stehen auf einer Linie, der vordere Fuß zeigt mit den Zehen zum Angreifer. Die Arme sind unten, um jegliche Aggression oder Provokation auszuschließen. Durch die leichte Drehung zur Seite ist von vorne betrachtet die vertikale Mittellinie des Körpers geschützt. Man steht aufrecht, neutral und ist im Geiste absolut ruhig. Man erwartet nichts, ist entspannt und gleichzeitig komplett bereit.
In der Anwendung kann man, solange man sich außerhalb der Trefferreichweite befindet, noch neutral stehen, um einerseits die maximale Flexibilität beim Reagieren auf einen Angriff zu erhalten und andererseits dem Angreifer keine Bewegungen durch die Wahl einer Führungshand (nach vorne gestellte Seite) wahrscheinlicher erscheinen zu lassen.
Wenn jemand unbedingt eine Kampfposition braucht, sei alternativ empfohlen, die Hände nach oben zu nehmen, aber Handflächen nach unten zu drehen, als wolle man beschwichtigen. Dann hat man die Hände zum eigenen Schutz oben, wird aber vom Umfeld als friedlich, deeskalierend wahrgenommen. Dies kann juristisch von Vorteil sein. Diese Haltung ist aber nicht typisch für Aikido. Egal in welcher Haltung man steht, es gilt, den klaren, neutralen (unaufgeregten) Geist im Aikido zu üben, der den Körper in seiner angstbefreiten Einheit und absoluten Mitte hält.
Warum gibt es den tiefen Stand? Warum steht man Kobayashi-Aikido scheinbar normal?
Der tiefe Stand ist eigentlich eine äußere Übung zum innerlich tiefer Stehen. Dadurch wird die Hüfte automatisch in eine andere Position gebracht, die zum Verständnis des richtigen, aufrechten Stehens beiträgt. Das Finden der richtigen Hüftposition für eine bessere Stabilität und Wirkungsübertragung ist sehr wichtig. Um dieses Gefühl zu übermitteln ist also der tiefe Stand sehr sinnvoll und man kann dies regelmäßig üben. Es gibt aber auch andere Übungen, wie z.B. der sogenannte Kaisermarsch, die noch intensiver dieses Gefühl der richtigen Hüft-Position vermitteln. Dies wird im Kobayashi-Aikido bevorzugt und im Aiki-Taiso unterrichtet. Ist die richtige Position der Hüfte verinnerlicht, kann man eigentlich wieder normal stehen, aufrecht und mit der richtigen Hüftposition. In der fließenden Anwendung sollte für maximale Flexibilität und Variabilität der tiefe Stand verlassen werden. Die Stabilität kommt dann aus dem Inneren und nicht mehr durch den Stand. Ein Angriff kann nach dem Geist des Budo zu jedem Zeitpunkt erfolgen. Man sollte also allzeit bereit sein und aus allen Lebenslagen heraus eine präzise Reaktion bieten können und nicht nur von einer besonderen Kamae-Stellung (Grundstellung) mit tiefem Stand.
Wozu dient Shikko (Kniegehen)?
Shikko (Kniegehen) im Fersensitz mit hochgestellten Zehen wird im Kobayashi-Aikido vermieden, nachdem O-Sensei Morihei Ueshiba im Alter Knieschmerzen bekam und er zusammen mit Sensei Kobayashi intensives Shikko durch das Drehen auf der Kniescheibe als mögliche Ursache erkannt hatte. Shikko reduziert als Idee die Beweglichkeit der Beine, um möglichst nur die Hüfte in der Übung einsetzen zu können und damit die Bewegungen knapper, direkt aus der Mitte des Körpers entstehen zu lassen. Im Kobayashi-Aikido werden Techniken komplett im Sitzen (seiza, suwari-waza) auf dem flachen Rist ohne aufgestellte Zehen geübt, um die Kniescheibe zu entlasten. Dadurch ist die Hüfte noch mehr gefordert, sauber die Rotationen zu vollziehen, weil die Beine nicht mehr unterstützend helfen können. Dies ist, wie gesagt, primär eine Übung zur intensiveren Schulung der Hüftbeweglichkeit. Eine Erklärung, man übe Shikko, damit man auch im Sitzen kämpfen könne, weil dies bei den Samurai in formellen Umgebungen aufgrund der Etikette üblich war, wird vielerorts angenommen, ist aber nicht eindeutig belegt. Praktikabler wäre es gewesen, schnelles Aufstehen zu üben, um rasch in eine flexiblere Position zu kommen. Die Simulation des Kampfes in niedrigen Räumen oder in enger Situation würde vermutlich auch eine sinnhafte Erklärung abgeben; alternativ hätte man dann aber auch den Hocksitz üben müssen.
Was ist Meguri? Ist Meguri mehr als nur eine Handdrehung?
Das für einen Zuschauer beeindruckende Verwinden des Ukes (des die Technik empfangende Angreifers) geschieht, wenn er sich beim Meguri, dem Umrunden des Angriffs, auf die Bewegung einlässt, die Impulse bereitwillig empfängt, und - um den Treffer (Atemi) des Verteidigers zu vermeiden - an der sich drehenden Hand des Verteidigers festhält. Damit übertragen sich die spiralförmig auf das Zentrum des Angreifers eindringlich wirkenden Drehungen des Verteidigers von Körper und Händen an den Angreifer, der die multiplen Verwindung während der Aktion über seinen Körper dem Zuschauer sozusagen vergrößert und bildhaft vor Augen führt.
Gemeinhin wird im Aikido »meguri« mit »Handdrehung« übersetzt. Abgeleitet vom Verb megu-ru ergibt sich in der Übersetzung: »drehen, umkreisen, zirkulieren, wiederkehren«. Bei weiteren Recherchen zur Herkunft des Wortes Meguri findet man verbunden mit einem anderen Kanji auch das Wort »pilgern«: Viele Bücher, die »meguri« im Titel haben, sind Reiseliteratur, die den Weg eines Pilgers beschreiben und zwar sowohl innerlich mit der Psyche durch das Leben als auch äußerlich in ferne Landen. Pilgern passt durchaus zu den Begriffen »drehen, umkreisen, zirkulieren, wiederkehren«. Und in der Tat ist Meguri eher ein Umkreiseln des Angreifers, ein Drumherumpilgern um dessen Angriff, allerdings nicht nur rein mit der Hand, sondern mit vielen Körperteilen in unterschiedlichen Rotationsachsen und -richtungen. Alles am Körper ist dabei beteiligt. Es ist mehr ein »Hindurchschlängeln« oder »Lavieren« durch die Aktion des Angreifers. Es resultiert daraus eine komplexe Bewegung, die nicht separat betrachtet werden kann, ohne den Synergieeffekt zu verlieren. Das fließende Meguri der späteren Aikido-Stilrichtungen hat te-katana (die Schwerthand) der früheren etwas abgelöst.
Warum steht man beim Kobayashi-Aikido aufrecht?
Der Körper ist so gebaut, dass er in der aufrechten Position und in der Symmetrie der beiden Körperhälften bezogen auf die vertikale Achse (Wirbelsäule) die maximale Effizienz, Präzision und Gesunderhaltung hat. Jegliche Form der Dysbalance bringt eine Unwucht in den Körper. Eine asymmetrische Haltung sollte nur kurzeitig geschehen, um die aufrechte, symmetrische Haltung wiederherzustellen. Nur so ist eine gesunde Bewegung möglich, ohne langfristig Schäden durch Fehlstellungen zu entwickeln. Vielmehr kann man sogar durch die bewusste Symmetrie Haltungsschäden, die aus der täglichen Arbeit und dem Alltag entstehen, wieder ausgleichen, da man den Körper bewusst in seine natürliche Position zurückführt. Dies ist z.B. auch im Yoga oder Tai-Chi gut erkennbar. Asymmetrien führen zu Verspannungen des Muskelapparates und langfristig zu übermäßigen Abnutzungen.
Technisch betrachtet ist eine gute Präsenz sowie maximierte Kraftübertragung (Ki) oft Ergebnis einer geraden Haltung. Einen aufrechten Stand zu beschreiben ist eher schwierig. Es sind sehr viele individuelle Muskeln daran beteiligt, so dass man dies am besten im Training unter Anleitung ergründen sollte. Man muss es fühlen – und insbesondere am Anfang fragen die Teilnehmer meist ungläubig, wenn man sie gerade ausrichtet, »... Und ich soll jetzt gerade stehen???«. Die Reaktion ist normal, da sich ihr Körper über Jahre an die falsche Position gewöhnt hat. Daher helfen auch Bilder von aufrechten Menschen als Vergleich nur wenig, da man sich selbst nur schwer von außen sieht und vor allem seine eigenen Schwächen nicht erkennt. In Summe sollte die Arbeit an einer aufrechten Position ein zentrales Element des Lebens sein, da sich die positiven Effekte überall im Alltag ausdrücken werden, sei es im Erfolg beim Sport, in der Gesundheit, im strahlenden Ausdruck bei Tanz, Theater und Bühne, im mitreißenden Auftreten und mondäner Präsenz bei Präsentationen oder Auftritten.
Natürlich kann eine Bewegung in der Kampfkunst auch auf eine showhafte Außenwirkung optimierte sein. Hier gilt es ebenfalls zu prüfen, ob dies angebracht ist. Meist liegt die Schwerpunktverlagerung auf Effekthascherei an einer fehlenden Präsenz des Auftretens aus der eigenen Mitte.



 Begiffserklärung
Ai - Harmonie, Übereinstimmung, zusammenführen, vereinigen, Liebe
Atemi - Schlag (=ate) auf vitale Punkte des Körpers (=mi)
Bo - Langstock (Länge ca. 180 cm)
Bokken - Holzschwert (Länge ca. 100 cm)
Budo - Sammelbegriff aller jap. Kampfkünste
Dan - Fortgeschrittenengrad (1-10)
Do - Weg, Methode
Dojo - Übungsraum im Budo
Jo - Holzstab (Länge ca. 127 cm)
Hakama - Traditioneller Hosenrock
Kamiza - Bild des verstorbenen Lehrers oder Schriftzug, der die Aikido-Prinzipien versinnbildlicht, wörtlich: der Sitz der Götter. Die Kamiza wird geschmückt mit der Jahreszeit entsprechenden Pflanzen, Steinen etc.
Katana - einschneidiges Schwert (Länge ca. 100 cm)
Kata - festgelegte Abfolge von Techniken
Ki - Lebenskraft, Wille, kosmische Energie
Kiai - Kampfschrei
Kyu - Schülergrad (6=weiß, 5=gelb, 4=orange, 3=grün, 2=blau, 1=braun)
Meguri - Handdrehung
Nage - Verteidiger ("der Werfende", auch: Wurf)
O-Sensei - der alte Meister, im Aikido: der Begründer Morihei Uyeshiba
Sensei - Lehrer, Meister
Tanto - Messer
Tatami - Übungsmatte
Uke - Angreifer ("der die Technik Empfangende")
Ukemi - Fallschule



Aiki-Tai: Körpertechniken
Taiso: Spezielle, am chinesischen Meridiansystem orientierte Gymnastik
Tai-Jutsu: Partnerübungen ohne Waffen
Jo/Ken/Tanto-Tori: Partnerübungen: Angreifer mit Stab, Schwert oder Messer, Verteidiger ohne Waffe

Aiki-Ken: Schwert-Techniken
Aiki-Ken: Einzelübungen, Partnerübungen sowie Kata-Formen (mit/ohne Partner)
Aiki-no-Ken: Partnerübungen: Angreifer ohne Waffe, Verteidiger mit Schwert

Aiki-Jo: Stab-Techniken
Aiki-Jo: Einzelübungen, Partnerübungen sowie Kata-Formen (mit/ohne Partner)
Aiki-no-Jo: Partnerübungen: Angreifer ohne Waffe, Verteidiger mit Stab